Vertriebe vs. Verwertungsgesellschaften

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Der Verband unabhängiger Musikunternehmer*innen (VUT) schlägt Alarm: Im Bundesministerium für Verbraucherschutz (BMJV) wird ein neues Urheberrechtsgesetz verhandelt, das vielen Musiker*innen enorm schaden würde – auf kurze wie auch auf lange Sicht. Das Urheberrechts-Dienstanbieter-Gesetz (UrhDaG) sieht vor, die Auswertung von Musiknutzung auf Onlineplattformen wie YouTube und TikTok künftig den Verwertungsgesellschaften zu übertragen. Bisher war dies Aufgabe der Vertriebe bzw. Multichannelnetzwerke.   

Was macht der Vertrieb?

Der Vertrieb ist die Firma, die dir dabei hilft, deine Musik auf allen relevanten Plattformen möglichst optimal zu platzieren. Außerdem sammelt der Vertrieb deine verstreuten Umsätze ein und zahlt sie dir abzüglich einer Vertriebsfee (um die 20%, bei iGroove 8%) aus. Für gewöhnlich wird monatlich ausgeschüttet. Das gilt nicht nur für Erlöse aus Streaming, Downloads und ähnlichem, sondern auch für Plays auf soziale Plattformen wie TikTok und Instagram – sogar YouTube ist in vielen Deals inbegriffen.

Was machen die Verwertungsgesellschaften?

Die GEMA und die GVL sind sogenannte Verwertungsgesellschaften. Die kümmern sich darum, dass deine Verwertungsrechte gewahrt und vergütet werden. Wird also ein Song, an dem du in irgendeiner Form beteiligt warst, in der Öffentlichkeit gespielt, steht dir dafür Geld zu. Egal ob in einem Kaufhaus, im TV, Radio, einem Club oder sogar einem Konzert von dir selbst. Diese Shares fordern deine Verwertungsgesellschaften für dich ein – GEMA für Urheber*innen, GVL für ausführende Musiker*innen.

Was ist das Problem?

Sollten GEMA und GVL künftig die Auswertung von sozialen Medien übernehmen, begegnen kleinere Musiker*innen besonders jetzt während der Coronakrise recht schnell dem ersten Problem: Während Vertriebe präzise, regelmäßig und schnell ausschütten, kann es bei Verwertungsgesellschaften schonmal ein paar Jahre dauern, bis eine Songnutzung abgerechnet wird. Klar: Die GEMA steht nicht im Wettbewerb mit anderen Verwertern. Musikvertriebe hingegen, sind marktwirtschaftliche Unternehmen, die in Konkurrenz zueinander und somit unter einem ganz anderen Druck stehen.

Noch mehr Probleme

Das größte Problem wären dabei jedoch gar nicht die schwerfälligen Strukturen der Verwertungsgesellschaften, die womöglich Jahre bräuchten, auf das neue System umzustellen. Auch nicht der massive Mehraufwand, den das System besonders für kleinere Labels und Musiker*innen bedeutet, wiegt schwer. Doch besonders für junge und nicht-Mainstream-Künstler*innen droht eine Katastrophe: Der Verteilungsplan der GVL.

Das größte Problem

Bisher konnten Plattformen und Digitalvertriebe auf den Klick genau feststellen, wie die Vergütung auszufallen hat. Mit dem UrhDaG allerdings, muss ein System her, das laut VUT voraussichtlich der Verteilungsplan der GVL sein wird. Dieser altbackene Plan sieht allerdings einen starken Fokus auf TV und Radio vor, sodass die online generierten Ansprüche beispielsweise junger, TikTok-aktiver Rapper*innen der GVL-Aufschlüsselung zum Opfer fallen und auf im TV und Radio relevante Songs umverteilt werden.

Und nun?

Nicht nur monatelange Verdienstausfälle und schwerfällige Umstrukturierungen drohen auf uns zuzukommen, sondern vor allem ein regressives System, das veraltete Strukturen begünstigt und Nischengenres, kleine Künstler*innen und den Grind in sozialen Netzwerken massiv benachteiligt. Diese Reform muss verhindert oder zumindest in tragbare Bahnen gelenkt werden.

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