Der einseitige Fokus auf virale Momente

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Was du im Beitrag erfährst:
  • Wieso Künstler*innen die viral gehen beim Major unterschreiben
  • Wie die Majors das Marketing auf die Artists auslagern
  • Wieso die Fokussierung auf Content zum Bumerang werden kann

Im Beitrag „Die Schattenseiten der Creator Economy“ thematisierten wir bereits, wie schwierig es für viele Künstler*innen ist, in der Content-Spirale gefangen zu sein. Nun hat diese Thematik eine zusätzliche Komponente erhalten und zwar berichteten diverse Künstler*innen, dass ihre Labels keine neuen Songs releasen wollen ohne viralen Moment auf TikTok. Wir sprechen hier nicht von Newcomern, sondern von Artists mit gestandener Fanbase und Millionen Streams. Dies wirft erneut Fragen auf zu der Rolle von Musiker*innen als Content Creator aber auch zu der Rolle der Labels.

Kein Deal ohne Reichweite

Natürlich sind sich grundsätzlich alle einig, dass nur sehr wenige Künstler*innen auf Social Media und dessen Reichweite verzichten können. Ebenso ist es klar, dass die Zeiten mehrheitlich vorbei sind als Labels Artists aufbauten. Heutzutage werden Künstler*innen in den meisten Fällen erst dann gesignt, wenn sie sich selbst eine Reichweite und Fanbase aufgebaut haben. Oder eben, wenn sie bei TikTok viral gingen. Der Schritt zum Label erfolgt dann vorwiegend aus zwei Gründen: Geld, meist in Form eines Vorschusses, und die unbestrittene Marketing-Power, welche vor allem die Majors mitbringen.

Dass man virale Momente braucht, um überhaupt gesignt zu werden, ist mehr oder weniger Standard. Dass man nicht die Füße hochlagern kann, sobald man den Deal in der Tasche hat, ist ebenso klar. Aber wenn das Label quasi das Marketing auf den Artist auslagert, ist dies doch einigermaßen fragwürdig und grenzt an Arbeitsverweigerung. Nicht zuletzt dürfte dies dazu führen, dass sich noch mehr Künstler*innen überlegen, ob ein Plattenvertrag wirklich das richtige für sie ist.

Viral zu gehen ist keine Strategie

Es ist unbestritten, dass TikTok es so vielen Artists wie nie zuvor ermöglicht eine große Reichweite zu erreichen, selbst wenn sie praktisch bei null beginnen. Ebenso ist aber bekannt, dass der Algorithmus von TikTok unberechenbar ist und sich virale Momente nicht planen lassen. Genau hier sollte die Erfahrung und auch das Budget der Labels zum Tragen kommen, die eine starke Marketing-Kampagne aufbauen können, die nicht einzig auf unberechenbare virale Momente setzt, sondern eine gewisse Konstanz und Strategie bietet. Viral zu gehen ist ein Ereignis, welches eintrifft oder auch nicht, aber keine Strategie.

Der Kampf um die Aufmerksamkeit

Wie bereits an anderer Stelle erwähnt, ist es deutlich schwieriger geworden Aufmerksamkeit zu erhalten verglichen mit der Zeit von Lockdowns und sonstigen Einschränkungen. Die Menschen sind wieder mehr draußen, haben generell weniger Zeit und somit verstärkt sich der Kampf um ihre wertvolle Aufmerksamkeit. Es scheint, dass sich die Labels in diesem extrem kompetitiven Umfeld nicht mehr alleine auf ihre Marketing-Power verlassen wollen und daher zusätzlich von den Künstler*innen virale Momente einfordern, womit diese faktisch Labelarbeit übernehmen zusätzlich zu ihren bereits nicht wenigen Aufgaben.

Es ist daher nicht erstaunlich, dass sich immer mehr Künstler*innen dagegen sträuben von ihren Labels zu Content-Maschinen degradiert zu werden. Doch gerade, wenn Artists Dinge posten müssen, die sich für sie nicht richtig anfühlen und die einzig der Reichweitensteigerung dienen, merken dies die Fans, die ein gute Sensorium haben für Authentizität. Somit kann sich diese Content-Fokussierung sogar als Bumerang herausstellen. Nicht zuletzt darf man nie unterschätzen, wie zeitaufwändig ein professioneller Social-Media-Auftritt ist, vor allem, wenn es sich nicht nur um Textbeiträge handelt, sondern auch Videos für TikTok, YouTube, Reels, etc. produziert werden müssen.

Fazit

Labels dürfen von den Artists erwarten, dass diese sich auf Social Media vermarkten. Ebenso sind sie aber auch gefordert, den Künstler*innen zur Seite zu stehen, auf deren Bedürfnisse einzugehen und auch zu verstehen, wenn sie sich bei etwas unwohl fühlen. Zu verhindern, dass Musiker*innen ausbrennen, muss ebenso wichtig sein wie Reichweite. Schlussendlich sollte der Fokus nicht einzig auf virale Momente und eine möglichste große Masse gelegt werden. Viel wichtiger ist es die richtigen Nischen zu finden, sich in diesen kleine aber konstant wachsende und aktive Fanbases aufzubauen.

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