Verändern NFTs das Musikbusiness?

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Was du im Beitrag erfährst:
  • Eine Übersicht, wie NFTs funktionieren, wie man diese erstellt und wie sie gekauft werden können
  • Die Vorteile von NFTs als direkter Draht zwischen Künstler und Fan
  • Was die Hürden für Künstler und Käufer sind, sowie die weiteren Nachteile, die NFTs gegenwärtig noch haben

Die Non-Fungible Tokens, kurz NFT, sind momentan von der Kunstwelt bis in die Musikbranche in aller Munde. Das iGroove Magazin hat diesen Hype zwar intensiv mitverfolgt, wollte jedoch erst die Entwicklung abwarten und nicht sofort auf den Zug aufspringen. Da der Hype aber ungebrochen ist, zeigen wir nun in diesem Beitrag, was NFTs für Musiker bedeuten. Im ersten Abschnitt erklären wir erstmal die Basics. Wer sich bereits sattelfest fühlt, kann diesen überspringen und unten weiterlesen.

NFT: ein fälschungssicheres Unikat

Der NFT bedeutet soviel wie einmaliger, nicht austauschbarer Schlüssel. Im Vergleich zu einem Bitcoin oder einer Banknote ist ein NFT also ein Unikat: Wenn ich dir einen 50-Euro-Schein gebe und du mir einen, haben wir zwar beide nicht mehr denselben Schein, aber weiterhin je 50 Euro. Bei einem NFT ist dies nicht möglich, da er einmalig ist.

NFTs ermöglichen das Sammeln, wie auch Verkaufen von digitalen Gütern, welche fälschungssicher (zumindest in den meisten Fällen) in der Blockchain gespeichert sind.

Bei physischen Werken kennen wir dies längst: Ein Bild von Picasso hängt entweder in einem Museum oder bei einem reichen Sammler. Gleichzeitig kann man sich überall Kopien eines Picassos kaufen – das Original gibt es jedoch nur einmal und der Besitzer hat dafür ein Echtheitszertifikat. Dank NFTs ist dies nun auch für digitale Werke – egal ob JPGs, GIFs, MP3s, Memes oder was auch immer – möglich.

Digitale Dateien können unendlich kopiert werden, dank einem NFT weiß man aber nun, wem das Original gehört. Es ist also nicht das Werk, das rar ist, sondern der Token. Angenommen jemand hat einen Song als NFT gekauft: dies heißt nun nicht, dass dieser Song dem Käufer gehört. Ihm gehört einzig das Zertifikat, also der Beweis, dass er im Besitz des Originals ist. Er kann den NFT weiterverkaufen, es bedeutet aber nicht, dass er mit dem Song anstellen kann, was immer er möchte. Es sei denn, dies ist im Smart Contract so geregelt.

Mitverdienen beim Weiterverkauf

In einem Smart Contract werden alle Details festgehalten, z.B. wer wie viel verdient beim Verkauf eines NFTs. Man kann z.B. 50% an den Künstler, 30% an den Produzenten und 20% an den Grafiker verteilen. Zudem wird festgehalten, wie viel bei einem Weiterverkauf an den Ersteller des NFTs geht. Beispiel: Du verkaufst einen NFT für 10.000 € und legst fest, dass du an jedem Weitererkauf 20% verdienst. Dieser Käufer verkauft den NFT für 20.000 € weiter und anschließend wechselt er sogar für 100k den Besitzer. Total hast du nun 34k verdient.

Keine NFTs ohne Kryptowährung

Um NFTs zu erstellen oder zu kaufen, benötigt man eine Krypto-Wallet – also ein Ort, wo man seine Kryptowährungen speichert. Anschließend muss man sich ein wenig Ether (nach Bitcoin die zweitgrößte Kryptowährung) kaufen und in seiner Wallet ablegen. Ein Großteil der NFTs werden in Ether gehandelt und laufen über die dazugehörige Ethereum Blockchain. Nun meldet man sich bei einem der Marktplätze für NFTs (Nifty Gateway, SuperRare, Opean Sea, Rarible etc.) an und verbindet diesen mit seiner Wallet.

Ether benötigt man nicht nur als Käufer, sondern auch als Verkäufer, da man eine sogenannte Gas Fee für das Minten des NFTs bezahlen muss.

NFTs: Direkter Draht zwischen Künstler und Fan

Liest man über NFTs, trifft man grob gesagt auf zwei Lager. Die einen sind euphorisch und glauben an NFTs als Zukunft der Musikbranche, die Labels und Verwertungsgesellschaften ersetzen werden. Andere hingegen halten es für nicht viel mehr als eine Bubble, in welcher Krypto-Hipster mit zu viel Geld spekulieren. Wir wollen dir beide Sichtweisen aufzeigen; die aktuellen und vor allem zukünftigen Chancen, aber auch die Stolpersteine.

Einer der deutlichsten Vorteile von NFTs ist die direkte Verbindung zwischen Artist und Fan. Das Geld fließt ohne Umwege vom Fan zum Künstler, alles ist transparent auf der Blockchain hinterlegt und für jedermann einsehbar. Abgesehen von der NFT-Plattform gibt es keine Mittelsmänner mehr und zudem erhalten die Künstler ihre Einnahmen auch noch schneller. Wie bereits oben erwähnt, verdient man als Künstler außerdem an den Weiterverkäufen mit.

Der Fan erhält die Möglichkeit seine Lieblingskünstler auf direktem Weg zu supporten und als Gegenwert bekommt er etwas Einmaliges. Viele hoffen, dass NFTs Musik den Wert zurückgibt, die sie durch das Streaming verloren hat. Es ist für einen Fan heutzutage gar nicht so einfach seine Lieblingskünstler monetär zu unterstützen. Von seinem Streamingabo geht monatlich nur eine Zahl mit sehr vielen Nullen hinter dem Komma an den einzelnen Künstler. Auch Alben, Merchandise sowie Konzerttickets kauft man nicht gerade monatlich.

Zusätzlich zu Plattformen wie Patreon bieten NFTs also eine Möglichkeit, den Künstler mit einem höheren Betrag zu supporten.

Die Künstler wiederum haben die Möglichkeit ihren Die-Hard-Fans etwas Spezielles zu bieten. Neben digitalen Gütern – von Song über Video bis Artwork – können auch physische Produkte, wie Konzerttickets, Vinyl oder Backstagepässe, hinter einen NFT gelegt werden. Wir stehen beim Thema NFT erst ganz am Anfang und sehen erst die Spitze des Eisbergs.

Die Fans am Erfolg beteiligen

Wo viele zukünftig ein großes Potential sehen, ist beim Verkauf eines Teils der Master und/oder Publishing Rights. Für den Künstler bietet dies den Vorteil, einen Teil seiner zukünftigen Einnahmen auf einen Schlag zu erhalten. Der Fan kann in den Artist investieren und sogar am Erfolg seines Lieblingskünstlers mitverdienen. NFTs könnten auch zu einer Art Fanclub werden, wo der Fan seine Mitgliedschaft weiterverkaufen und selbst daran verdienen kann.

Das ist aber primär Zukunftsmusik: Das System ist dafür schlicht noch nicht bereit. Der Käufer hat zwar Anrecht auf einen Anteil der Royalties, dafür muss er aber auch wissen, wie man diese einsammelt. Dies ist in den meisten Fällen noch nicht über die Blockchain möglich und somit kommen Verwertungsgesellschaften, Vertriebe und Labels ins Spiel.

Möglich wäre dies einzig bei neuer Musik, wo die Rechte komplett beim Künstler liegen. Bei älteren Releases sind zumeist mehrere Parteien involviert, was die Sache extrem verkompliziert.

Somit sind wir auch bereits bei den Stolpersteinen angekommen. Denn wo sich neue Möglichkeiten auftun, gibt es auch immer Risiken.

Hohe Hürden für Käufer und Künstler

Kaum ein Tag vergeht, ohne neue Meldungen über Millionenverkäufe oder Superstars, die ebenfalls ihren NFT lancieren. Doch geht es dabei wirklich um die Kunst, oder einzig um den Sammlerwert und somit auch die Spekulation? Sind NFTs wertvoll oder entsteht ihr Wert nur dadurch, dass viele andere ihn, zumindest im Moment, auch für wertvoll halten? Entsteht hier eine Bubble, die bald platzt, oder wirklich eine nachhaltige Einnahmequelle für Musiker?

Kommen wir erst zu den grundlegenden Stolpersteinen: Für alle, die sich nicht schon länger mit Kryptowährungen auseinandersetzen, ist es nicht ganz leicht NFTs zu erstellen und zu verkaufen. Es besteht somit das Risiko, dass Künstler sich auf eine Technologie einlassen, die sie nicht völlig verstehen. Noch problematischer sind aber die Hürden für die Käufer. Die wenigsten haben Ether in ihrer Krypto-Wallet und tummeln sich auf NFT-Marktplätzen. Oder kennst du jemanden, der NFTs besitzt? Eben. Es wird noch Jahre dauern, bis sich dies in der breiten Masse etabliert.

Verluste anstatt hohe Gewinne

Viele vergessen zudem, dass es nicht ganz günstig ist einen NFT zu erstellen. Wie erwähnt, wird gegenwärtig eine sogenannte Gas Fee fällig und so berappt man schnell mal 200 $ bevor man überhaupt loslegen kann. Verkauft man danach seinen NFT für einen fünf- oder sechsstelligen Betrag, ist dies natürlich kein Problem. Während in den Medien nur über die erfolgreichen Millionenverkäufe berichtet wird, geht jedoch vergessen, dass viele NFTs gar keinen Käufer finden.

Das Risiko ist groß, dass es in Zukunft nicht anders ist als bei Spotify-Streams oder YouTube-Views, wo einige wenige Millionen von Streams / Views haben und die Mehrheit weniger als 1.000. Es ist sehr wahrscheinlich, dass nur einige mit NFTs dick kassieren, während die große Mehrheit wenig bis gar nichts einnimmt.

Ein weiteres Risiko, welches man nicht unterschätzen sollte, sind die Marktplätze, an welche der NFT gebunden ist. Geht eines dieser Start-Ups Konkurs, löst sich auch der gekaufte NFT in Luft auf.

Bislang haben erst rund 150 Musiker NFTs verkauft (Zahl natürlich rasant steigend). Dabei handelt es sich vorwiegend um extrem etablierte Artists mit starker Fanbase. Deren NFTs verkaufen sich für häufig völlig absurde Summen, die sich kein normaler Fan leisten kann. NFTs sind momentan also primär ein Spielplatz für Superstars auf der einen sowie Krypto-Nerds und andere Leute mit dickem Geldbeutel (bzw. gutgefüllter Krpyto-Wallet) auf der anderen Seite.

NFTs sind noch längst nicht im Mainstream angekommen

Das Hobby dieser Krypto- und Finanz-Kids bahnt sich seinen Weg in den Mainstream – ist jedoch noch nicht angekommen. Es muss sich erst noch zeigen, ob NFTs mehr sind als ein reines Spekulationsobjekt. Bislang sorgen sie nicht für eine Demokratisierung im Musikgeschäft, sondern einzig für einige wenige Gewinner. Wenn Grimes NFTs für 6 Millionen verkauft, nützt dies weder den darbenden Künstlern, noch der Musikbranche als Ganzes. Damit Independent-Künstler wirklich davon profitieren, muss ein Massenmarkt entstehen und die Preise müssen sich auf einem vernünftigen Level einpendeln.

Den wichtigsten Negativpunkt haben wir dabei noch gar nicht erwähnt: da NFTs auf der Blockchain-Technologie basieren, sind die unglaublich energieintensiv. Wer sich auch nur ein klein wenig um den Klimawandel sorgt, sollte die Finger davon lassen bis die Industrie neue Wege gefunden hat.

Doch auch sonst empfehlen wir: ohne riesige und vor allem finanzstarke Fangemeinde sollte man den Fokus anstatt auf NFTs auf andere Monetarisierungsmöglichkeiten legen. Deren Entwicklung sollte man aber trotzdem im Auge behalten.

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