Industry Groove – Woche 2

0 Shares

Happy New Year Fellow Travelers,

Der Urlaub ist leider schon vorbei und ich bin wieder zurück in der vergleichsweise kalten aber gleichzeitig auch erschreckend warmen Schweiz. Aber ich will nicht schon zu Beginn des neuen Jahres klagen. Naturgemäß etwas anders sehen das Anwält*innen und so dreht es sich in diesem Newsletter bereits um einige gerichtliche Auseinandersetzungen, mit Universal Music einmal in der Rolle des Klägers und einmal als angeklagte Partei. Generell spielt das größte Majorlabel die Hauptrolle in der ersten Ausgabe 2023. Der CEO von Universal fordert nämlich nicht weniger als ein neues Streamingmodell. Das machen noch viele, aber ihm wird ohne Zweifel zugehört. Wieso? Weil Universal unglaublich mächtig ist. Dies zeigt sich nur schon daran, dass der Börsenwert von Universal dreimal so hoch ist wie derjenige von Spotify.

Bringt uns 2023 ein neues Streamingmodell, wird Spotify durch seine Formschwäche an der Börse sogar zu einem Übernahmekandidaten und ist ChatGPT die Revolution, die uns NFTs und Metaverse bislang schuldig geblieben ist? Ja, es wird wieder ein spannendes Jahr und ich bleibe für euch am Puls des Geschehens.


Universal will neues Streamingmodell

  • Seit bekannt wurde, dass es unterdessen schon 100.000 Songs sind, die jeden Tag auf die DSPs geladen werden, wird über eine Rückkehr des Gatekeepings diskutiert. Dies habe ich in diesem Artikel bereits dargelegt.
  • Angestoßen wurde diese Diskussion primär von den Majors und es ist dann auch Universal Music CEO Lucian Grainge, der jetzt noch konkreter wird.
  • In einer Mitteilung an die Mitarbeiter*innen, schreibt er, dass die Hörer*innen durch die Masse an neuer Musik von die Algorithmen zu minderwertigem Content gelenkt werden.
  • Besonders abgesehen hat er es auf die 31-Sekunden-Tracks, die meist eher auf Geräuschen basieren oder für Mood-Playlisten herhalten.
  • Er sieht es nicht als Kampf von Major gegen Indie oder DIY, sondern von Qualität gegen Quantität.
  • Die Quintessenz: ein neues Streamingmodell muss her. Und im Vergleich zu vielen anderen ist Universal nicht interessiert am User-Centric-Modell.
  • Ihm schwebt ein Artist-Centric-Modell vor, ohne jedoch genau auszuführen, was damit gemeint ist.
  • Natürlich ist es richtig, dass es ein neues Streamingmodell braucht. Und auf den ersten Blick ist es vielleicht gut, dass das mächtigste Label dies auch so sieht. Dabei darf man jedoch nicht vergessen, dass Grainge hier ein System kritisiert, welches er selbst mitgebaut und von dem seine Firma jahrelang enorm profitiert hat. Man darf schwer davon ausgehen, dass ein von Universal angestoßenes Modell zuallererst Universal selbst dient.
  • Weiter bleibt die Problematik, dass eigentlich weder Sir Grainge noch sonst wer wirklich das Recht hat zu urteilen, welche Musik würdig ist auf den DSPs zu existieren und welche nicht.

Universal verklagt Triller

  • Ich berichtete bereits, dass Triller die Zusammenarbeit mit Merlin beendet hat und sich mit Sony vor Gericht streitet. Die Zusammenarbeit mit Universal und Warner laufe aber wie gewohnt weiter. Nun, nicht ganz.
  • Bereits im Februar 2021 entfernte Universal seinen Content von Triller wegen ausbleibenden Zahlungen. Im Mai 2021 einigte man sich dann doch, doch nun ist der kurze Frieden bereits wieder zu Ende.
  • In einer Klage wirft Universal Triller vor die fälligen Zahlungen für die letzten drei Quartale nicht überwiesen zu haben und auch die Usage Reports schuldig geblieben zu sein.
  • Es sieht also so aus, als hätte Triller bald weder die Releases von Universal noch diejenigen von Sony und Merlin. Triller gibt sich zwar optimistisch aber das ist entweder verblendet oder reiner Zweckoptimismus.

Universal angeklagt wegen Deal mit Spotify

  • Dass die Majors Anteile an Spotify besitzen oder besaßen, wurde schon immer kritisch betrachtet. Nun kommt dieser sogenannte Hinterzimmerdeal vielleicht sogar vor Gericht.
  • Die Klage kommt von eher unerwarteter Seite nämlich vom HipHop-Duo Black Sheep, welches in den 90ern zwei Alben über das zu Universal gehörende Label Polygon veröffentlichte.
  • Was wird Universal vorgeworfen? Universal soll eingewilligt haben tiefere Tantiemen und dafür im Gegenzug Aktienanteile von Spotify zu erhalten.
  • Den Künstler*innen von Universal sollen durch die tieferen Tantiemen 750 Millionen Dollar entgangen sein.
  • Weiter fordern sie, dass die Universal-Künstler*innen an den Aktienanteilen beteiligt werden.
  • Anders als die anderen Majors, die ihre Aktienanteile ganz (Warner) oder teilweise (Sony) verkauften und ihre Artists daran beteiligten, war dies bei Universal nie der Fall.
  • Universal bezeichnet die Anklage als „offenkundig falsch und absurd“. Es bleibt zu hoffen, dass dies das Gericht anders sieht und man durch den Prozess mehr erfährt über die Deals zwischen Majors und Spotify.

Universal ist drei Mal so viel wert wie Spotify

  • Vor einem Jahr hatten Universal Music und Spotify in etwa denselben Börsenwert. Dies hat sich vergangenes Jahr drastisch geändert.
  • Die in New York kotierten Aktien von Spotify waren total 15,26 Milliarden Dollar wert. Die in Amsterdam kotierte Universal Aktien lagen zum Jahresende bei 43,7 Milliarden Dollar.
  • Die Aktie von Spotify verlor vergangenes Jahr satte 67,7%, obwohl sie eigentlich gute Zahlen in einem wirtschaftlich schwierigen Umfeld ablieferten.

Wie ChatGPT das Musikbusiness verändern könnte

  • Ihr habt womöglich schon von ChatGPT gehört, dem Chatbot der seinen Konkurrenten weit voraus ist.
  • Bezogen auf das Musikbusiness, wurde bislang vor allem diskutiert, wie KI bei der Kreation von Musik behilflich sein können. Der Artikel von MIDiA beleuchtet aber einen ganz anderen Aspekt.
  • So könnte ChatGPT gerade Künstler*innen, die noch eher am Anfang stehen beim Marketing und der Karriereplanung behilflich sein.
  • Also anstatt, dass die KI selbst Musik produziert, soll sie viel mehr die Musiker*innen entlasten, dass diese wieder mehr Zeit für ihre Musik haben.
  • Der Chatbot könnte behilflich sein bei der Erstellung von Promomaterial (etwa Pressetexte), Marketingideen, Best Practices bis zu Hilfe bei der Planung.
  • In einem anderen Beitrag bezeichnet MIDiA ChatGPT sogar als Smartphone-Moment und zeigt weitere revolutionäre Möglichkeiten auf, die wohl bald Realität werden.

Was erhält man für 1 Milliarde Views auf YouTube?

  • Über 300 Musikvideos haben bei YouTube die Marke von einer Milliarde Views geknackt.
  • Billboard wollte wissen, wie viel man verdient, wenn man diese astronomische Zahl geknackt hat.
  • Natürlich hängt dies von vielen Faktoren ab, wie etwa aus welchen Ländern die Views kommen, ob jemand mit Gratis-Abo oder Premium den Clip schaut, was für Werbung geschaltet wurde etc.
  • Gemäß Billboard macht es auch einen Unterschied, ob man beim Major unter Vertrag steht oder ohne Vertrag ist bzw. bei einem Indie Label gesignt ist.
  • Ein Major-Artist verdient gemäß ihren Berechnungen rund 2,6 Millionen Dollar an einer Milliarde Views. Dies jedoch bevor das Label seinen Anteil nimmt.

YouTube Shorts: Monetarisierung startet im Februar

  • Ich hatte es bereits angekündigt, dass Creator bei YouTube Shorts bald einen Teil der generierten Werbeeinahmen erhalten können.
  • Nun wird es konkret: Ab dem 1. Februar können Creator über das YouTube Partner Program Einnahmen generieren für Shorts.
  • Um partizipieren zu können, braucht man mindestens 1.000 Subscriber plus entweder 4.000 Watch-Hours in den letzten 12 Monaten oder 10 Millionen Short-Views in den vergangenen 90 Tagen.
  • Wenn ein Short einen Song beinhaltet, geht die Hälfte der Einnahmen in den Creator Pool. Sind es zwei Songs, ist es ein Drittel. Von diesem Pool bleiben 55% bei YouTube und 45% gehen an den Creator.
  • Die andere Hälfte (bzw. bei 2 Songs die anderen zwei Drittel) gehen an die Rechteinhaber der Musik. Als Musiker*in kann man also sowohl Einnahmen generieren, wenn die eigene Musik verwendet wird, wie auch durch das Erstellen von Shorts.
  • Nun ist es an TikTok hier ebenfalls nachzuziehen!

YouTube und Free Streams zählen neu für die Schweizer Hitparade

  • Als achter Markt weltweit lässt die Schweizer Hitparade ab sofort auch YouTube in die Auswertung einfließen.
  • Generell zählen ab sofort nicht nur Premium Streams, sondern auch werbebasierte Streams (etwa von Spotify oder Deezer) für die Hitparade.
  • Damit erreichen sie eine Abdeckung von rund 97% des aktiven Musikkonsums in der Schweiz.
  • Deutschland machte diesen Schritt bereits vor einem Jahr, Österreich im Sommer 2022.

Hat Believe in Deutschland Warner überholt?

  • Gemäß eigenen Berechnungen ist Believe in Frankreich die Nummer 2 und auch in Deutschland wollen sie bereits einen der Majors hinter sich gelassen haben.
  • Basierend auf Daten der GfK hat Believe errechnet, dass sie hinter Universal und Sony aber vor Warner liegen.
  • Dies bezieht sich auf die Periode Januar bis Juni 2022 und einzig auf lokales Repertoire aka Künstler*innen aus Deutschland, der Schweiz und Österreich.
  • Im HipHop-Bereich seien sie hinter Universal Music sogar der zweitgrößte Player.
  • Deutschland ist mit 15,3% der Umsätze der zweitwichtigste Markt für das Unternehmen.

Bonus Reads

  • Bislang war völlig unklar, wieso ein Video im For-You-Feed aufgetaucht ist. TikTok will nun mehr Transparenz schaffen, wie ihre Algorithmen arbeiten und zwar in dem sie bei jedem Video eine Begründung angeben (auch wenn diese etwas versteckt ist). Diese kleine Charmeoffensive hilft den Usern, ist aber wohl vor allem an Politiker und Regulierungsbehörden gerichtet, die TikTok genau beäugen.
  • Einer der größten Vorteile von NFTs ist, dass man als Artist auch bei einem Weiterverkauf mitverdient. Nun stellte sich jedoch heraus, dass viele Plattformen dies den Künstler*innen verweigern, wie Billboard berichtet.
  • Music.ally fasst zusammen, was letztes Jahr im Metaverse los war bezogen auf die Musikindustrie.
  • Streaming in besserer Audioqualität ist definitiv nicht nur ein Nischending. Apple Music ließ verlauten, dass über 80% ihrer Subscriber Musik in Spatial-Audio-Qualität konsumieren.
  • Wie bereits im Vorjahr ist Luciano der erfolgreichste Streamingkünstler Deutschlands. Kein Act, auch kein internationaler, wurde häufiger gestreamt als er. Sein aktuelles Album „Majestic“ bringt es auf 400 Millionen Streams. Eine Auflistung der meistgehörten Künstler*innen und Songs aus einigen europäischen Ländern findet ihr hier. Die Schweizerinnen scheinen den am wenigsten nationalist gefärbten Musikgeschmack zu haben.
0 Shares