Industry Groove – Woche 12

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Eigentlich wollte ich ein ausuferndes Intro schreiben, in welchem ich den Bogen spanne vom Untergang der Credit Suisse zur Musikbranche. Ich lasse es aber bleiben und bin schlicht froh, dass ich schon seit vielen Jahren keinen einzigen Rappen bei Großbanken parkiere, die sich kaum noch von kriminellen Organisationen unterscheiden lassen. In guten Zeiten gibt es Milliardenboni und in schlechten darf der Staat aka wir Steuerzahler*innen den Kopf hinhalten. Danke für Nichts!


Zwingt die USA ByteDance TikTok zu verkaufen?

  • Manchmal hätte ich gerne eine Glaskugel, um in die Zukunft zu sehen. So zum Beispiel bei der ganzen Geschichte um den Ban von TikTok, der ein wenig wie ein (Wirtschafts-) Krimi daherkommt. Wird es wirklich zum Verbot kommen, oder sind es einzig Machtspiele?
  • Die neuste Entwicklung: Die Biden Administration hat nun offenbar eine alte Idee aus der Trump-Ära wieder ausgegraben, nämlich dass ByteDance das US-Geschäft von TikTok verkaufen muss.
  • TikTok hält erwartungsgemäss nicht viel davon und bezweifelt auch den Nutzen für die nationale Sicherheit, die ja gemäss vielen US-Politikern bedroht wird (was ja sogar stimmen mag, nur stellt sich dann die Frage, wie es um die Sicherheit vom Rest der Welt bestellt ist, welche die Produkte der US-Tech-Giganten nutzen und damit fröhlich die US-Geheimdienste füttern)
  • Immer mehr Länder verbieten ihren Staatsmitarbeitern die Nutzung von TikTok. Unterdessen ist auch UK mitgezogen inklusive der altehrwürdigen BBC.
  • Die viel entscheidendere Frage ist aber: würden das Vereinte Königreich oder die EU mitziehen, wenn die USA TikTok tatsächlich verbieten würden?
  • Der TikTok CEO Shout Zi Chew wird nun sogar vor dem US-Kongress antraben (heute um genau zu sein), wo er sich verteidigen und klarstellen wird, dass seine Firma keinerlei Verbindung zur chinesischen Regierung habe. Nebenbei liess er auch noch verlauten, dass TikTok nun bereits 150 Millionen User (und 7.000 Mitarbeiter*innen) in den USA habe, die natürlich alle ihren Zugang zur App verlieren würden, käme es zu einem Ban.

Meta beendet NFT-Experiment und entlässt 10k weitere Arbeiter*innen

  • Mark Zuckerberg hat das Jahr der Effizienz ausgerufen und dazu gehört überraschend auch, dass Meta sich von seinen Crypto-Projekten zurückzieht. Die Integration von NFTs wird also zumindest vorläufig nicht weitergeführt.
  • Weder wird es möglich sein NFTs über Instagram zu minten und verkaufen, noch wird man zukünftig seine NFT-Sammlung über Insta und Facebook zur Schau stellen können.
  • Dies überrascht vor allem daher, weil das Metaverse weiterhin hohe Priorität genießt und NFTs eigentlich unweigerlich damit verbunden sind.
  • Für weitere „Effizienz“ sorgt Meta auch bei seinen Angestellten. Nachdem Ende letzten Jahres bereits 11.000 Arbeiter*innen gehen mussten, wurde nun die Entlassung von 10.000 zusätzlichen Arbeitskräften verkündet. Weiter werden 5.000 offene Stellen nicht besetzt.

Weltweite Umsätze der Musikindustrie wachsen zum achten Mal in Folge

  • Jeden Frühling veröffentlicht die IFPI die neusten Zahlen zu den „Global Recorded Music Revenues“ – sprich die Umsätze der Musikbranche, jedoch ohne Publishing oder Live. Ebenfalls jedes Jahr publiziert MIDiA ihre Zahlen zum Stand der Musikbranche einige Tage vor der IFPI. Nun liegen beide vor.
  • Gemäß der IFPI betrug der weltweite Umsatz 26,2 Milliarden Dollar, ein Plus von 9%. MIDiA sieht das Wachstum bei 6,7% auf 31,2 Milliarden Dollar. Das ist deutlich weniger als 2021, wo MIDiA das Wachstum bei stolzen 24,8% sah. Jedoch halten die Analyst*innen von MIDiA fest, dass die 6,7% im schwierigen wirtschaftlichen Umfeld trotzdem als Erfolg zu werten sind.
  • Am meisten Umsatz macht natürlich das Streaming und zwar gemäß IFPI 17,5 Milliarden (plus 11,5%), was einem Marktanteil von 67% entspricht. MIDiA sieht das Wachstum bei 8,3%, was bei ihnen zu 20 Milliarden Dollar führt, was 64,1% des Gesamtumsatzes entspricht.
  • Insgesamt sollen weltweit 589 Millionen Menschen für eine Streaming-Subscription bezahlen. Voriges Jahr waren es erst 523 Millionen.
  • Auch die physischen Verkäufe sind gewachsen und zwar um 4% auf 4,6 Milliarden, was 17,5% des Gesamtumsatzes ausmacht.
  • Am stärksten gewachsen ist Subsahara-Afrika mit 34,7% gefolgt von Lateinamerika (25,9%) sowie Naher Osten und Nordafrika (23,8%). Schon fast stagnierend sind hingegen Nordamerika (5%) und Europa (7,5%).
  • MIDiA schätzt weiter auch die Marktanteile. Die Universal Music Group sehen sie bei 29,5%, während Indie-Labels und Artists, die direkt mit einem Vertrieb arbeiten zusammen auf 34,6% kommen.

Alben werden immer länger

  • Das Streaming führt dazu, dass Alben immer länger werden bzw. vor allem immer mehr Songs beinhalten. Die Rechnung ist einfach: mehr Songs = mehr Streams.
  • 2022 umfassten die Top 10 Alben der Billboard Charts im Schnitt 19,1 Songs und dauerten 69,9 Minuten.
  • Die Entwicklung ist klar: 1977 waren es 10,3 Songs und 45,1 Minuten, 1992 11,9 Songs und 51,1 Minuten und 2014 schließlich 13,2 Songs und 51,9 Minuten.
  • Ab 2014 zählten Streams dann für die Billboard Charts und die Länge schoss nach oben.
  • Ich hatte mich in diesem Artikel bereits damit auseinandergesetzt, ob die überlangen Alben mitunter dazu beitragen, dass das Interesse am Format Album stetig sinkt.

Weniger DIY-Artists verdienen mehr als 10k auf Spotify

  • Vor zwei Wochen präsentierte ich euch die neusten Zahlen von Spotifys Loud & Clear. Nun hat MBW sich nochmals tief eingelesen und dabei eine wichtige Zahl entdeckt.
  • Und zwar sank die Anzahl DIY-Artists, die mehr als 10.000 Dollar von Spotify erhielten von 15.140 auf 14.700.
  • Auch wenn 440 jetzt kein epochaler Einbruch ist, erstaunt es doch, da die Zahlen ansonsten kontant steigend sind und auch Jahr für Jahr mehr DIY-Artists ihre Musik auf Spotify laden.
  • Wie oben erwähnt generieren DIY-Artists gesamthaft gesehen immer mehr Umsatz. Nur scheint sich dieser auf extrem viele Künstler*innen zu verteilen.

Spotify HiFi kommt – fragt nur nicht, wann

  • Über zwei Jahre ist es her, seit Spotify sein HiFi-Angebot angekündigt hat. Seither herrscht Funkstille, auch beim Stream On Event gab es keine Neuigkeiten.
  • Nun hat Spotify Co-Präsident Gustav Söderström gegenüber The Verge das Schweigen gebrochen (ohne jedoch viel zu sagen).
  • Söderström sagte, dass sich die Industrie nach der Ankündigung veränderte und daher sei der Launch auf Eis gelegt worden. Doch HiFi soll weiterhin kommen: Wir werden es tun, aber wir werden es so tun, dass es für uns und für unsere Hörer*innen Sinn ergibt. Die Branche hat sich verändert und wir mussten uns anpassen.
  • Aus technischer Sicht ist das Feature scheinbar seit über einem Jahr ready und wird auch bereits von den Spotify-Mitarbeiter*innen genutzt.
  • Geplant war jedoch HiFi zu einem Aufpreis anzubieten, was jedoch kaum mehr möglich war, nachdem Apple Music es kostenlos anbot und Amazon gleich nachzog.
  • Es kostenlos anzubieten, scheint weiterhin keine Option zu sein also wird es wohl Teil eines neuen Premium-Angebots werden – irgendwann dann mal.

Kann KI-Musik eine Fanbase haben?

  • Wie schon mehrfach erwähnt, dominiert das Thema KI momentan die Musikindustrie.
  • Tatiana Cirisano von MIDiA ist jedoch der Meinung, dass man bald gar nicht mehr darüber diskutiert, ob KI bei einem Song mitgeholfen hat, so wie es niemanden mehr interessiert, ob ein Track auf dem Laptop oder in einem Studio entstand.
  • Jedoch ist völlig klar, dass KI-Musik für noch mehr Competition in einem sonst schon übersättigten Markt sorgt.
  • Eine Frage die immer wieder gestellt wird, ist ob KI-Musik die Menschen so berühren kann, wie Musik die von Menschen erschaffen wurde. Oder anders ausgedrückt: können Menschen Fans von KI-Musik und KI-Artists werden?
  • Tatiana Cirisano meint, dass es vermutlich möglich sein wird. Denn so wichtig die Persönlichkeit eines Künstlers auch ist, schlussendlich sorgt das Marketing-Team des Labels dafür, dass jemand zum Fan wird. Und diese Arbeit können sie halt auch für KI-Musik durchführen.
  • Die Quintessenz ist aber vor allem, dass die Fangemeinde immer wichtiger wird, vor allem weil sich die Musik qualitativ vielleicht immer weniger unterscheiden wird. Man sticht also weniger durch die Musik heraus, sondern durch die Fähigkeit, sich eine Fanbase aufzubauen. Aber natürlich weiß die KI dies auch….

Bonus Reads

  • Eine Untersuchung der New York University fand heraus, dass die ersten 5 Sekunden eines Songs entscheidend sind, ob jemand einen Track mag oder nicht. Das ist noch kürzer als man vermutet (befürchtet) hatte.
  • Nicht nur Meta entlässt Arbeiter*innen, sondern auch Amazon hat eine zweite Entlassungswelle angekündigt. Vergangenes Jahr mussten 18.000 Leute gehen, nun fallen weitere 9.000 Stellen weg. Betroffen von den Entlassungen wird auch die Amazon-Tochter Twitch sein, wo 400 Stellen gestrichen werden.
  • Die Vinyl-Presswerke sind aufgrund der stetig steigenden Nachfrage komplett ausgelastet was für Artists und Fans lange Wartezeiten zur Folge hat. Metallica presste alleine 2022 über 900.000 Vinylscheiben, ohne dass ein neues Album erschienen wäre. Ihre Lösung, dass ihre treuen Fans weiterhin mit neuem Vinyl versorgt werden? Einfach selbst ein Presswerk kaufen.
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